Im Online-Portal der Zeitschrift
wurde ich auf einen interessanten Artikel über wahre
automobile Dauerläufer aufmerksam
😃
Hier der Link dazu:
Alle Rechte an dem Artikel liegen bei www.spiegel.de |
Hier der Bericht in Reinschrift, damit er besser zu lesen ist 😉
Autos für die Ewigkeit
Immun gegen
Rost, die Technik praktisch unzerstörbar: Um 1990 baute die Autoindustrie
Fahrzeuge von legendärer Qualität, viele fahren bis heute zuverlässig. Die
goldene Ära endete, weil Manager neue Prioritäten setzten.
Von Haiko
Prengel
25.08.2020,
05.18 Uhr
Von Schönwetter-Klassikern hält Jörg
Wellmann nicht viel. Er knechtet seinen alten Audi 100 auch bei Regen
oder Schnee. 140 Kilometer lang ist sein Arbeitsweg von Hameln nach Paderborn
und zurück. Ein beträchtlicher Alltagseinsatz für ein Auto, das ein
Vierteljahrhundert alt ist. "Aber der Audi hält gut durch", sagt
Wellmann.
Der kaufmännische Angestellte könnte
sich durchaus ein moderneres Auto leisten. Doch Wellmann hat sich bewusst für
seinen Audi C4 2.6 Quattro entschieden.
Jörg Wellmann hält heute noch viel von dem 30 Jahre alten Modell. Foto: Jörg Wellmann bzw. der Spiegel |
Er schätzt nicht nur das zeitlose Design der Limousine. Foto: Jörg Wellmann bzw. der Spiegel |
Auch technisch steht der 2.6 quattro für sein Alter gut da - von Rost keine Spur. Foto: Jörg Wellmann bzw. der Spiegel |
Auch der Innenraum wirkt edel und unverbraucht. Foto: Jörg Wellmann bzw. der Spiegel |
C4 – Liebhaber der Marke mit den
vier Ringen werden bei diesem Kürzel nostalgisch. Die betagten Modelle gelten
als eine der besten Baureihen, die der Hersteller aus Ingolstadt jemals
produziert hat.
1990 kam die obere Mittelklasse als
letzte 100er-Generation auf den Markt und setzte Maßstäbe. So wurde die
Karosserie des C4 vollverzinkt. Während viele andere Autos der Konkurrenz –
auch von Mercedes und BMW - den
Rosttod starben, zeigte sich der C4 praktisch immun gegen Korrosion. Dazu kamen
eine robuste Technik und eine herausragende Verarbeitung.
Trotz Winterbetriebs sei sein Audi
C4 von 1996 "komplett rostfrei", sagt Jörg Wellmann. Der
Sechszylinder ist 240.000 Kilometer gelaufen, erfreut sich nach Aussage von
Wellmanns Kfz-Mechaniker aber bester Gesundheit.
Modelle von Mercedes, VW und Volvo leben lange
Wenn Youngtimer-Fans recht haben,
ist der Audi kein Einzelfall. Nicht wenige sagen, dass um 1990 besonders
haltbare Autos entwickelt wurden, die bei guter Pflege praktisch ewig halten.
"Die Fahrzeuge der
Endachtziger- und frühen Neunzigerjahre hatten ein hohes Maß an
Langlebigkeit", bestätigt Norbert Schroeder, Kfz-Sachverständiger für
historische Fahrzeuge beim TÜV Süd.
Nicht nur die sichtbaren Karosseriebauteile seien damals hochwertiger geworden.
Auch die mechanisch oder chemisch belasteten Komponenten wie Kurbeltrieb oder
Antriebsstrang wurden laut Schroeder standfester: "Lange Laufleistungen
jenseits der 200.000 Kilometer von Motoren, Getriebe und Differenzial schienen
obligatorisch zu sein." Insofern stellten die Autos aus dieser Zeit eine
wichtige Ära der Mobilität dar.
Der Audi 100 C4 und der kleinere
Audi 80 B3 gehören dazu. Aber auch ein Mercedes 190E, ein VW Golf II oder die Volvo-Baureihe 240, deren Motoren als schier unverwüstlich gelten.
Von diesen teils über 30 Jahren alten Modellen haben bis heute
überdurchschnittlich viele Exemplare überlebt, Tausende sind immer noch als
Alltagsautos unterwegs.
Fortschritte bei der Aerodynamik
Tatsache ist, dass einige Hersteller
damals viel Aufwand betrieben, um die Autos haltbarer zu machen als noch in den
von Rost geplagten Siebzigern. Eine Vollverzinkung der Karosserie war damals
einmalig bei Großserienfahrzeugen – Audi begann damit schon Mitte der Achtziger
bei den Audi 100/200-Modellen (C3) und dann beim Audi 80.
Damit habe man für die Langlebigkeit
einen Meilenstein gesetzt, heißt es in einem Audi-Strategiepapier von 1987 zur
Produktionstechnologie: Zahlreiche Gremien, voran TÜV und ADAC, führten die
Audi-Modelle "unter den korrosionssichersten und zuverlässigsten
Automobilen des Weltmarkts." Bei TÜV-Vorführungen landeten gebrauchte Audi
100/200 damals unter 71 untersuchten Modellen auf Platz eins, der Audi 80 auf
Platz zwei.
Aber nicht nur dem Rost sagte Audi
seinerzeit erfolgreich den Kampf an. Auch in die Verbesserung der Aerodynamik
wurde viel Arbeit gesteckt. Mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,3 cw
avancierte der Audi 100 C3 im Jahr 1982 zur strömungsgünstigsten
Serienlimousine seiner Zeit. Für den Spritverbrauch ist eine gute Aerodynamik
maßgeblich – eine Errungenschaft, die heute von klobigen SUV zunichtegemacht
wird. Und schließlich machte Audi mit der Quattro-Technologie den Allradantrieb
populär – ein Antriebskonzept, das man bis dato nur von Geländewagen oder Lkw
kannte.
Hersteller machten nicht alles richtig
Um sein Engagement bei der
Qualitätssicherung zu verstärken, kündigte der Hersteller 1987 ein neues
Innovationszentrum an, die Investitionssumme lag bei rund 60 Millionen Mark.
Das Ziel war ambitioniert: "In den wichtigsten Qualitätskriterien wollen
wir besser sein als die Konkurrenz", hieß es. Mit Erfolg: Anfang der
Neunzigerjahre etablierte sich Audi neben BMW und Mercedes-Benz als deutsche
Premiummarke.
Allerdings war in der Zeit nicht
alles rosig. Durch den Austausch der bewährten Steuerkette gegen weniger
langlebige Zahnriemen beispielsweise gab es plötzlich Probleme, die man laut
TÜV nur mit deutlich verkürzten Wartungs- und Austauschintervallen in den Griff
bekam. "Bei BMW gingen zum Beispiel die Intervalle von ursprünglichen
80.000 Kilometern auf 40.000 Kilometer herunter", so Klassiker-Experte
Norbert Schroeder. Andere typische Mängel von Autos aus dieser Zeit waren und
sind laut TÜV Süd Undichtheiten von Aggregaten, Probleme an Bremselementen
sowie bei der Beleuchtung.
Zwar habe sich die
Pannenanfälligkeit seit den Achtzigerjahren drastisch verbessert, erklärt auch
der ADAC. Und manche Modelle gelten als sehr langlebig - als Beispiel nennt
ADAC-Sprecher Johannes Boos den Mercedes W124. Es gebe aber auch viele Modelle aus der damaligen Zeit, die
sich als sehr unzuverlässig und kurzlebig erwiesen hätten. "Diese Modelle
haben sich aber nicht in den Köpfen festgesetzt, weil sie heute im
Straßenverkehr kaum mehr zu sehen sind."
Wie das Goldene Zeitalter endete
Ein Ford Scorpio oder Opel Omega
beispielsweise – vor 30 Jahren die Konkurrenz eines Audi 100 – sind heute auf
den Straßen automobile Exoten. Deren Karosserie war nicht vollverzinkt, viele
Exemplare wurden vom Rost dahingerafft. Auch die technische Zuverlässigkeit
wurde bei etlichen Kfz-Modellen Anfang der Neunzigerjahre wieder schlechter.
Massiv dazu beigetragen hat wohl
José Ignacio López: Der spanische Manager erhielt zunächst bei Opel und später
auch bei Volkswagen den Auftrag, Sparpotenziale bei den Produktionsprozessen
aufzuspüren. López setzte den Rotstift derart radikal an, dass die Qualität
einbrach. Die erste Generation des Opel Astra etwa gilt wegen massiver
Rostprobleme als ein Tiefpunkt der Unternehmensgeschichte. Auch bei VW trat der
"López-Effekt" sichtbar zutage: Der VW Golf III (1991 bis 1997) gilt
heute als schlechtester Golf aller Zeiten.
Die Qualitätsverluste beschränkten
sich nicht nur auf Brot- und Butter-Autos wie Astra und Golf. Auch bei den
Premiummarken häuften sich die Mängel. Als Paradebeispiel gilt die Mercedes
E-Klasse der Baureihe W210. Bei dem Vieraugen-Benz, der 1995 die Nachfolge des
W124 antrat, traten oft schon nach kurzer Zeit erhebliche Rostschäden auf. Auch
minderwertige Materialien und Elektronikprobleme werden dem 210er als Folge
eines konzerninternen Sparzwangs nachgesagt. Die Nachfolge-Baureihe W211 (ab
2002) erwies sich ebenfalls als sehr fehleranfällig.
Ingenieure gegen Kostendrücker
Hört man sich heute bei Mercedes um,
erinnert man sich beinahe wehmütig an die Zeiten eines "Baby-Benz"
(190 E) oder W124. Bei den Modellen hätten die Ingenieure noch mehr riskiert,
erinnert sich eine langjährige Führungskraft von Daimler. "Die haben
gesagt: Von Kaufleuten lass ich mir nicht in die Entwicklung 'reinreden."
Schon damals hätten sich die
Ingenieure bei sehr kostenintensiven Projekten – etwa einer aufwendig
konstruierten Vorderachse oder Hinterradaufhängung – gegenüber der
Kostenabteilung verteidigen müssen, sagt der Insider. Auch der Öldruckmesser,
beim Mercedes W124 noch Serie, wurde beim Nachfolger W210 eingespart.
Bei Audi gilt der 100/C4 als
Vorzeigeprojekt, bei Nachfolgemodellen wurden in puncto Langlebigkeit wohl
Abstriche gemacht. Öffentlich sagen möchte das bei dem Konzern niemand, man
hört es nur hinter vorgehaltener Hand. Er wolle nicht seinen ehemaligen
Arbeitgeber schlechtreden, sagt ein pensionierter Audi-Entwickler aus der Zeit
des 100/C4.
C4-Fahrer Jörg Wellmann bemerkte
diese Qualitätsabstriche, als er zeitweise den Audi A6 der Nachfolge-Baureihe
C5 (1997 bis 2005) fuhr. Ein Jahr lang habe er es mit dem 2.5 Avant ausgehalten
– ein im Vergleich zum C4 komfortableres, aber nicht unbedingt solideres Auto.
Allein der Zahnriemen-Wechsel habe ihn 1000 Euro gekostet, auch das Xenon-Licht
sei mit 100 Euro pro Ersatzbirne extrem kostspielig gewesen. Dann fiel die
Klimaanlage aus, die Diagnose: Das Bedienteil am Armaturenbrett muss
ausgetauscht werden. Kostenpunkt: weitere 850 Euro. "Da habe ich gesagt:
Jetzt ist Schluss."
Autos von heute sind viel sicherer
Vor allem die überbordende
Elektronik macht Gebrauchtwagen-Fahrern heute zu schaffen. Früher starben Autos
den Rosttod, heute bedeuten malade Steuergeräte oft den Exitus. Allerdings
brachten elektronische Assistenzsysteme wie ESP oder Notbremssysteme einen
enormen Gewinn an Komfort und Sicherheit. "Heutige Autos sind um Welten
sicherer als Modelle der Neunziger", sagt der ADAC. Ähnlich äußert sich
der TÜV Süd: Fachmann Schroeder stellt die zahlreichen Fahrassistenzsysteme
heraus, die vielfach in Serie angeboten werden.
Mercedes-Benz verspricht heute noch
"Das Beste oder nichts". Auch Audi weist Vorwürfe zurück, dass man
heute weniger hochwertige Autos baue als vor 30 Jahren zu Zeiten eines 100/C4.
"Gerade der Punkt Qualität war einer der wichtigsten Bausteine auf dem Weg
von Audi in die Premium-Oberklasse und ist bis heute elementares Element
unserer Audi-DNA", betont ein Unternehmenssprecher. Dabei hätten sich die
Auslegungskriterien für eine hohe Lebensdauer und Langzeitqualität seit den
Modellen Audi 80 und 100 nicht geändert. Auch heute noch sehe man Autos mit
Laufleistungen bis 500.000 Kilometer und mehr. "Das hängt sehr stark vom
Nutzungsprofil und von der Pflege ab - heute wie gestern."
Jörg Wellmann pflegt seine Autos.
Trotzdem denkt er nicht daran, sich einen neuen Audi zuzulegen. Natürlich seien
moderne Autos sicherer und komfortabler, sagt der Niedersachse. Für ihn sei
aber auch der Aspekt der Nachhaltigkeit wichtig: Es sei einfach ökologischer,
alte Autos wie seinen Audi 100 C4 weiterzufahren, anstatt immer wieder neue zu
bauen. Hinzu komme die Reparaturfreundlichkeit betagter Modelle, so Wellmann.
"Mein Schrauber sagt deshalb: Verkaufe dein altes Auto nicht."
Ein guter Artikel, wie ich finde 😀👍
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen